Der Kunsthansi hat keine Karriere, aber hat eine Chronik.
An der man unter Umständen ablesen kann, worin seine Suche besteht.
Am besten begleitet man die Reise von Anfang an.
2015
Juni 2015
Poetry Slam
Der Kunsthansi steht am 6. Juni als Virgin Virgin auf der Bühne des ROXY beim Poetry Slam und schafft es ins Finale. Die Bühne als Bretter, die eine Welt werden könnten. Texte schreiben und auf den Brettern zum Besten geben: Fühlt sich an wie Heimat.
Vom Gang auf die Poetry-Bretter zeugen auch zwei Videos, die das ROXY.Ulm von den Auftritten aufgenommen und online gestellt hat:
Zwölf Tage später gewinnt er den Neu-Ulmer Donauslam und fragt sich, ob er weitermachen sollte …
Der Veranstalter des Donauslam, Radio freeFM, hat Mitschnitte der Auftritte dankenswerter Weise über den Äther gesandt und so für eine desinteressierte Nachwelt erhalten:
2014
16. September 2014
Kunstguerilla Returns Social
Der Kunsthansi plant den künstlerischen Durchbruch mit 61 (#projekt2030).
Er lässt sich deshalb nach seinem Social Media Disconnect wieder auf die Sozialen Netze ein.
Er will networken, spreaden, sharen, posten, publishen, signen, liken.
Am sozialen Netz hat sich zwar nichts geändert, aber er will anders damit umgehen. Unprivat.
Er hat vieles vor. (Und wird nichts erreichen).
Februar 2014
#projekt2030
Der Kunsthansi notiert lapidar in sein Tagebuch III:
Ich muss einfach schreiben.
Ich schreibe.
Er weiß: Jetzt gilt es. Er wird als Künstler arbeiten. Er wird ein Künstler sein.
Neben all dem Broterwerb, all dem Unbesonderen, aber Notwendigem. Die Zeit …
Das wird was geben. Oder nichts.
24. Januar 2014
Social Media Disconnect
Der Kunsthansi hat die Schnauze voll.
All das Social raubt Zeit, erfüllt mit Angst, etwas zu verpassen, erzeugt Desinteresse an dem Besonderen, führt auf Holzwege, gaukelt Wichtigkeit vor, erhebt Schlechtes zum Hype, entfernt Menschen voneinander, ersetzt die reale durch eine virtuelle Identität.
Er vollzieht den Social Media Disconnect und ist erst einmal raus.
Wenn auch nicht für lange. Das weiß er aber noch nicht.
2013
Herbst 2013
Parsifal d’identité
So vieles war der Kunsthansi schon. So viele Wege hat er eingeschlagen. Vieles versucht.
Nirgends ist er angekommen. Nirgendwo gab es etwas für ihn, bei dem er hätte bleiben können.
Er findet Spuren, Hinweise, bewegt sich vorwärts, seitlich, immer wieder Suche.
Das einzige Aufgefundene: Die Erkenntnis, immer anders zu sein, immer einer draußen am Rand, nie mittendrin.
Irgendwann eine Karriere als ein anderer (#projekt2030).
2012
20. Januar 2012
Tagebuch III
Der Kunsthansi beginnt wieder, Tagebuch zu führen.
Genau wie sein großes Vorbild Max Frisch.
Er schreibt all seine Gedanken am Mac mit Scrivener auf und druckt sie täglich aus.
Er führt das Tagebuch heueheute!
2011
November 2011
PsHP, der Psychohansi
Der Kunsthansi kommt darauf, dass „Psycho“ eigentlich auch ganz schön spannend ist.
Er absolviert ein Fernstudium zum Heilpraktiker für Psychotherapie, macht nahe Wien eine Ausbildung für Familienaufstellungen.
Er empfindet sich als Herr Docteur, eröffnet eine hübsche Praxis.
Es kommen zwei Klienten. Es rufen 5 Menschen an. In 12 Monaten.
Er schließt die Praxis und hängt eine Karriere an den Nagel, die er nie haben konnte.
2010
November 2010
Gartenhansi
Im Urlaub liest der Kunsthans ein Buch über die Ernährungsdiktatur.
Und wird dadurch zum Gartenhansi. Und alles ändert sich (wieder einmal). Zwischenzeitlich isst er auch vegan. Inzwischen is(s)t er Ökofaschist.
Er informiert sich akribisch, baut selbst Gemüse an, weckt ein, kocht Marmelade, macht Käse, macht Seife. Verweigert sich der Industrie.
Er glaubt unbedingt und gegen jede Vernunft an eine bessere Welt.
Von jedem einzelnen für jeden einzelnen selbst.
Er nennt die Gesellschaftsphilosophie, die sich immer deutlicher in seinem Kopf bildet, #NeueUrsprünglichkeit.
Wenn er die Lebensphilosophie einmal in einem Buch formuliert haben wird, erlangt er bestimmt eine Karriere (#projekt2030).
März 2010
Der Weinfreak
Der Kunsthansi nimmt sich Zeit, um für sich herauszufinden, wie das mit dem Wein so funktioniert.
Den trinkt er gerne. Und er spricht gerne darüber.
Weil das so ist, spricht er vor einer Kamera darüber und stellt die Videos online.
Er ist jetzt der Weinfreak und vermittelt das oft hermetisch behandelte Thema „Wein“ anderen Amateuren.
Das macht er so lange, bis sein Blog zu den 10 meistbesuchten Weinblogs in Deutschland gehört.
Von vielen Seiten wird ihm geraten, jetzt damit Geld zu verdienen.
Er beendet sein Engagement für das Blog und hat keine Karriere.
2009
Januar 2009
iKunsthans
Apple bringt das iPhone heraus. Und der Kunsthansi ist als Technik-Geek, der er damals noch ist, elektrifiziert.
Er erlernt die Programmierung in iOS und entwickelt Apps.
Es herrscht Goldgräberstimmung. Auch der Kunsthansi glaubt, nun reich zu werden und eine Karriere zu haben.
Die hat er dann nicht, zwei Jahre später ist auch schon wieder alles vorbei.
2005
Oktober 2005
der.heckser
Der Kunsthansi steigt entschlossen aus der scheinbaren Sicherheit einer Festanstellung aus.
Die wenigsten verstehen das. Bis heute.
Doch er muss selbst arbeiten und ständig.
Fortan der tägliche Kampf mit einer Karriere, die er nicht hat.
Er lässt die Haare wachsen und ein d’Artagnan-Bärtchen stehen.
Er ist jetzt der.heckser.
2004
Juli 2004
Kulturglosse
Schreiben muss er, der Kunsthansi, irgend etwas.
Und sei es auch nur eine Kulturglosse in der Mitarbeiterzeitung seines Arbeitgebers.
Das taugt nicht für Großes, aber groß muss es gar nicht sein.
Die Hauptsache bleibt, er schreibt.
Komme, was da wolle.
2002
August 2002
Jonapot mit SLR
Der Kunsthansi fährt mit den Freunden Thomas & Jürgen nach Budapest.
Das erste Mal Ungarn, das erste Mal Buda und auch Pest. Ostblocküberbleibsel mit italienisch. Faszinierend und schön.
Der Thomas hat eine alte analoge Spiegelreflex dabei und drückt sie dem Kunsthansi in die Hand.
Bei dem erwacht die alte Freude am Bilder durch den Sucher hindurch finden.
Februar 2002
Verhindert Stoiber!
Der Kunsthansi ist einmal wieder ganz politisch. Nach gut 10 Jahren daran vorbei sehen.
Denn Edmund Stoiber kandidiert als deutscher Bundeskanzler, tritt an gegen Gerd Schröder.
Der Kunsthansi erwartet den Untergang des Abendlandes und initiiert mit seinem Freund Bodo eine Online-Plattform nebst Anti-Stoiber-Kampagne.
Und Stoiber wird verhindert. Wenn auch nicht von den beiden Online-Streitern alleine.
2001
23. Juni 2001
WJ – Webjockey
Für das 6. A*DEvantgarde Festival denkt sich Moritz Eggert etwas Tolles aus: die Variations IV.01, eine Internet-Komposition nach John Cage.
Und dafür braucht er auch den Kunsthansi. Der muss ein komplexes System programmieren, um die verschiedenen, weltweit agierenden Komponisten zu verknüpfen und deren Beiträge live zu Gehör und Ansicht zu bringen.
Und immer wieder meldet sich Sirius …
2000
Herbst 2000
Das Beinahe als Prinzip
Der Kunsthansi beginnt aus Langeweile mit der Programmierung einer Webplattform. Sie ist konzipiert wie ein virtuelles Land, in das man virtuell Bürger werden kann.
Er nennt das Land „Micronation Utopia“.
Man kann „dort“ Dinge mit einander teilen: Geschichten, Informationen, Fotos, Persönliches. Man kann markieren, dass einem die Inputs des anderen Bürgers gefallen. Man kann miteinander chatten …
Er findet nur eine Person, die das interessiert und als Bürger dem Land betreten möchte. Damit ist kein Staat zu machen.
Anstelle von ZUCKER hat das Schicksal einen unüberwindbaren BERG für den Kunsthansi bereitet.
1999
1. Oktober 1999
taktlos
Weil Moritz Eggert im Ausland weilt, muss der entsetzte Kunsthansi seine Lippenbekenntnisse selbst in Auszügen vortragen.
Und das auch noch live im Radio, nämlich in der Sendung taklos auf Bayern 2 von Theo Geißler.
Es gelingt ihm, nicht in Ohnmacht zu fallen.
9. Juni 1999
Die Uraufführung
Beim 5. Münchner A*DEvantgarde Festival führt Moritz Eggert des Kunsthansis wichtigstes Stück auf: Die Lippenbekenntnisse.
Moritz ist genial, er hat die passende Idee, das Stück „für 3 Mundmusiker“ mit nur einem Musiker, nämlich ihm, auf die Bühne zu bringen.
Das Publikum zeigt Freude bei der Vorführung, das Publikum applaudiert, Professor Wilhelm Killmayer gratuliert persönlich.
Der Kunsthansi ist wie elektrisiert. Er erwartet den Beginn einer Karriere. … Die doch nicht kommt.
März 1999
Designer der Künstler
Es folgen zahlreiche weitere Websites für Künstler und Kultureinrichtungen. Der Kunsthansi wird zum Kultur-Webdesigner.
Für das Münchner A*DEvantgarde Festival, die Universalsolistin Salome Kammer, einige Seiten im Auftrag des Schott Musik Int. Verlages (u. a. für die World Weill Days 2000), für die Internationalen Fredener Musiktage, die Kronberg Academy, die Gesellschaft Neue Musik Köln, MusikTexte Verlag Köln und viele weitere.
Der Kunsthansi fühlt sich wohl und in seinem Element … Und verdient doch nicht genug, um zu leben und damit eine Karriere haben zu können. Muss sich als Webfuzzi in der Wirtschaft verdingen. Dann ändern sich Zeiten.
Er verliert den Kontakt. Den Bezug.
Er verliert sein Element.
Parsifal en exil.
1998
15. Dezember 1998
The Artist Formerly Known As Webfuzzi
Der Kunsthansi erstellt eine Website für Moritz Eggert.
Für den Komponisten, mit dem er die Freude am Verrückt-Sein und Querdenken teilt, programmiert er Webkunst, macht dessen Musik als Webinstallation erfahrbar. Er reizt DHTML aus, programmiert für den Freund Elemente, die bis dato ungewohnt sind.
November 1998
Musik-WWW-Journalie
Der Kunsthansi ist nun knietief drin in der Auseinandersetzung mit der Neuen Musik.
Er schreibt jetzt ab und an Artikel für die neue musikzeitung Regensburg über Musik im Internet.
Alle Artikel sind noch online im nmz-Archiv.
(Der Kunsthansi staunt anno 2014 nicht schlecht, wie weitreichend das Archiv der nmz ist, Kompliment!)
Januar 1998
Le Seigneur Compositeur
Das komplette Jahr über komponiert er, schreibt Stück um Stück.
Viel Mist, viel Experiment, viel Suchen, aber auch das eine oder andere Finden.
Er scheint etwas gefunden zu haben, das ihm Karriere werden könnte.
1997
Juni 1997
One Man Band
Die Auseinandersetzung mit der Musik der eigenen Zeit wird immer intensiver.
Der Kunsthansi stößt in einem Artikel in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ auf den vergleichsweise jungen Komponisten Moritz Eggert aus München und nimmt mit ihm Kontakt auf.
Die Begegnung beflügelt den Kunsthansi. Er beginnt selbst zu komponieren und mit musikalischem Material zu experimentieren.
Januar 1997
d.r.m.k.
Der Kunsthansi bringt es ganz ohne Kunst zu einem Sohn, 18 Monate später zu einer Tochter. (Sie sind das am besten gelungene Kunstwerk in seinem Leben.)
Er ist jetzt tagsüber glücklich gestresster Hausmann, danach bis in die Nacht widmet er sich der Musik, pflegt seine Website.
Lange vor Facebook kommuniziert man digital über Newsgroups im #Usenet. Man ist weit intensiver zugange, als es heutzutage online denkbar wäre.
Der Kunsthansi debattiert Tag um Tag mit Gleich- und anders Gesinnten in de.rec.music.klassik über klassische – und immer häufiger – zeitgenössische Musik.
1996
3. März 1996
Web + Kunst = ACP
Es ist nicht länger zu ertragen. Der Kunsthansi muss sein Leben wieder mit Kunst füllen!
Und das tut er zu einem Zeitpunkt, als er das WWW entdeckt und versteht, wie genial einfach und alles bisherige verändernd es ist, das Eigene über Welten hinweg zu teilen.
Er programmiert eine erste Website: ACP – Andreas‘ Classical Page.
Und nur wenige Monate darauf ist die Seite eine der meistgelesenen Websites zum Thema klassische Musik.
1994
10. Mai 1994
E come vivo? Vivo!
Der Kunsthansi fährt zum ersten Mal nach Italien. Zum ersten Mal besucht er Rom.
Und ist in heißer Liebe zur ewigen Stadt entbrannt. Eine Liebe, die ihn nie wieder verließ und ihn bis heute über zwanzigmal in die alte junge Stadt am Tiber führte.
Wenn es ein Wiederspiegeln von Schönheit der Kunst im Leben geben kann, scheint es sich in Rom, in der Toskana, in all den Stätten voll Italianitá prall zu offenbaren.
Des Kunsthansens Herz schlägt fortan grün-weiß-rot.
1992
17. April 1992
Tagebuch II
Der Kunsthansi beginnt wieder, Tagebuch zu führen.
Genau wie sein großes Vorbild Max Frisch.
Er schreibt all seine Gedanken mit Amiga auf und druckt es per Nadeldrucker aus.
Er führt das Tagebuch drei Tage.
März 1992
Computer-Fuzzi
Der Kunsthansi kann ohne Abitur nicht studieren. Und ohne Mut nicht darauf vertrauen, er könne sich als Künstler irgendwie durchschlagen.
Er verdingt sich in der Computer-Branche. Computer ist das Einzige, was er vorweisbar kann.
Er verkauft, repariert und konfiguriert Computer.
Irgendwie meint er auch, er müsse seiner ersten Frau, die er Ende 1992 (vor allem für ihn) überraschend heiratet, beweisen, etwas Anständiges leisten zu können.
Kunst findet in diesen Jahren kaum statt. Nur in einer Art Sehnen nach dem Herausgestellten, dem Schönen, der Wahrheit.
Vielleicht nach #Liebe. Liebe, die er in der Kunst findet.
Parsifal d’art.
Februar 1992
Der Stiller-Skandal
Der Kunsthansi schreibt im Bayernkolleg eine Schulaufgabe über Max Frischs „Stiller“.
Der Lehrer verpasst ihm dafür eine 3.
Die erste 3 in Deutsch in des Kunsthansens Schulleben!
Er ist entsetzt. Es geht auch um den Literaturheiligen Frisch!
Zwei Stunden diskutiert er mit dem ignoranten Lehrer. Will ihm klarmachen, dass eine Interpretation doch immer eine individuelle Einschätzung sei, weshalb der Lehrer nicht einfach die Interpretation des Kunsthansi als nicht gültig ansehen könne, sondern als eine andere Sichtweise zu akzeptieren habe.
Der Lehrer bleibt stur. Der Kunsthansi begibt sich ins Direktoratsbüro und meldet sich von der Schule ab.
1991
10. Dezember 1991
Der Stall des Augias
Der Kunsthansi spielt #Dürrenmatt im Schultheater.
Er steht in Flammen. Er brennt für die #Bühne.
Sein Theaterlehrer bemerkt es, bietet ihm an, ihn in die Schauspielschule Stuttgart zu bringen.
Der Kunsthansi lehnt ab und träumt fortan von den Brettern, die ihm hätten Welt bedeuten können …
1990
November 1990
K
Trotz der Negativerfahrung mit dem Kartoffelschälen nach seinem letzten Engagement, macht der Kunsthansi wieder bei einer Schülerzeitung mit.
Es wird weder dumpfe Pupertätssatire à la „Warze“, noch nennenswert literarisch.
Er schreibt über japanische Literatur, Hip-Hop und die neueste Scheibe von Prince.
September 1990
Zweiter Bildungsweg
Maloche kann nicht alles sein.
Denkt sich der Kunsthansi und drückt noch einmal die Schulbank.
Er will das Abitur nachholen, im Anschluss Germanistik und Geschichte studieren und geht dafür nach Augsburg.
Es erstaunt ihn bald, wie wenig erwachsen es in der sogenannten Erwachsenenbildung zugeht.
Schule + Lehrer + Schüler = typisches Rollenverhalten.
28. August 1990
La Bohème
Der Kunsthansi trägt als Roter Hansi jetzt immer Schlips, am liebsten rote.
Und er raucht bei öffentlichen Veranstaltungen.
Er betreibt Realpolitik ohne zu merken, dass er nichts ändert.
#Illusion
18. März 1990
Der rote Hansi
Gerade mal 20jährig kandidiert der Kunsthansi als regionaler JuSo-Vorsitzender für den Stadtrat und den Kreistag.
Er ist ambitioniert, er will die Welt zu einer besseren machen. Er engagiert sich.
Knapp 600 Stimmen fehlen ihm zum Einzug in den Stadtrat.
Weiter schwenkt er die Bandiera Rossa, fährt mit dem Ortsverein nach Wackersdorf, flüchtet vor Wasserwerfern …
Wenige Monate später der 1. Golfkrieg. Die Haltung „seiner SPD“. Die Ernüchterung.
Politik ist eine Hure.
Realität als Ende einer Karriere, die er hätte haben können …
1989
Juli 1989
The Colors Of The Globe Are B&W
Im Herzen ist der Kunsthansi schwarz, seitdem er sich Anfang der 1980er Jahre „Under Fire“ von Kurtis Blow in einem US-Importladen gekauft und dann Pappkarton verlegend in der Fußgängerzone von Ulm Break und Dance vollführt hat.
Mit seinen Freunden Thomas und Jochen sitzt er im Kinderzimmer des letzteren. Sie spielen Rap-Songs ein. Gegen Rassismus („The Colors Of The Globe Are Black And White“) und gegen Helmut Kohl („We Love HK“).
Bekannt werden dann andere aus ihrem Kinderzimmer heraus, nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt: Die Kinderzimmer Productions.
5. Mai 1989
Theatermacher
Der Kunsthansi gründet das Sendener #Amateurtheater SAT.89.
Er will Ionesco, Sartre und Becket auf die Bühne bringen.
Aufgrund der #Bildungsferne seiner Freiwilligen reicht es nur zu einem #Loriot-Sketch bei der Mitgliederversammlung der örtlichen #SPD.
#EpicFail
1988
28. Dezember 1988
Tagebuch I
Der Kunsthansi beginnt, Tagebuch zu führen.
Genau wie sein großes Vorbild Max Frisch.
Er schreibt all seine Gedanken in ein DIN-A5-Büchlein, liniert, mit rosa Umschlag.
Er führt das Tagebuch drei Monate.
1987
1. Oktober 1987
Der Poet
Die Tätigkeiten eines Kaufmanngesellen sind solchermaßen intellektuell unterfordernd, dass der Kunsthansi sich auf das Lesen & Schreiben verlegt.
Er liest fünf Bücher die Woche. Nur den Hochliteratur-Kanon, Frisch, Brecht, Böll, Sartre, Camus, daneben die alten Klassiker. Man lacht über ihn, nennt ihn den, „mit dem Buch unter dem Arm“.
Daneben schreibt er. Naive Kurzgeschichten, schüttelreimende Gedichte, bemühte Theaterdramen.
Er stürmt und drängt.
Er bleibt bis tief in die Nacht wach, um nach drei Stunden Schlaf wieder zur Ausbildungsstätte zu fahren.
Ein Literatenleben wie vom Reißbrett. Er fängt auch an zu Rauchen. Ganz Boheme. Immer politisch. Er gefällt sich.
10. August 1987
Das Lernen des Anständigen
Nur weil er Geld benötigt und weil er es nicht besser weiß, beginnt der Kunsthansi eine Ausbildung zum Industriekaufmann.
Wie sein Vater. Im selben Betrieb wie der Vater.
Die langweiligsten 30 Monate seines Lebens stehen ihm bevor.
Die Langweile evoziert viel Sturm und viel Drang:
Der Kunsthansi schreibt, will ans Theater, geht in die Politik.
27. Juli 1987
Die Warze
Der Kunsthansi feiert das Absolvieren der Mittleren Reife mit seinen Kumpels Markus, Oli & Lars, indem sie parallel zur offiziellen Schulzeitung die Abschlusszeitung „WARZE“ herausbringen.
Sie werden dadurch bei den Schülern Kult und bleiben über Jahre bekannt, erhalten von Satire-fernen Lehrkräften aber eine Anzeige, werden vor den Staatsanwalt gezerrt, müssen miterleben, wie ihre eigenen Eltern kuschen und klein beigeben. Am Ende leisten sie desillusioniert acht Stunden gemeinnützige Arbeit im Krankenhaus Weißenhorn.
Das Kartoffelschälen als Ausdruck der Weltenungerechtigkeit und als Indiz für die Unfreiheit der Kunst.
24. Juli 1987
Muttersprache
Der Kunsthansi schreibt Abschlussprüfung im Fach Deutsch.
Irgendwas mit Amnesty International, über Folter, über Menschenrechte. Mit viel Blut und Qualen.
Er schreibt darauf los, gibt nach 45 Minuten 7 Seiten DIN-A4 ab.
Sein Lehrer: Bestürzt. Fleht, die Abgabe noch einmal zu überdenken, die Arbeit noch einmal zu bearbeiten. – Nicht nötig.
Es wird die zweitbeste Abschlussarbeit in Bayern.
Vom Bildungsministerium erhält der Kunsthansi eine Biographie über Leben & Wirken von Gandhi. Auf Deutsch.
1986
20. April 1986
Linie & Perspektive
Mehr oder minder aus Langeweile belegt der Kunsthansi einen Fotokurs in der Schule.
Er lernt alles rund um das Fotografieren: Belichtung, Blende, Entwicklung im Labor.
Besonders angetan haben es ihm Linien, Linienführungen, die den Blick in ein Bild hineinziehen.
Er fotografiert auf Bahngeleisen, in Industrieruinen.
1985
November 1985
Dieu est oublié
Kunsthansi ist jetzt 16 und darf der protestantischen Heuchelei mit #Kirchenaustritt ein Ende bereiten.
Kein Stein fällt mehr ins Wasser, keine euphorisierten Möchtegernhippies tanzen mit Klampfe und Bongos um Altäre.
Nur drei Jahre später wird er zum Existentialisten, weil er das Gesamtwerk von #Sartre liest, ohne auch nur eine Seite zusammenhängend verstanden zu haben. Aber Gott ist tot.
Nur vier Jahre darauf tritt er für seine damalige Frau der katholischen Kirche bei und lässt sich firmen. Noch einmal der Hl. Geist, diesmal mit Prunk und Gloria.
Weitere zehn Jahre später versteht er, dass es keinen Unterschied macht, ob man und an wen man glaubt.
Im Rahmen der Euro-Krise erkennt er die Olympier als cool und human und grübelt fortan über den Faden der Moiren …
1984
Juni 1984
Laufsteg-Hure
Seine Mutter zwingt den Kunsthansi, sich für miese Bezahlung vor einem johlenden Seniorenpublikum als Mannequin zu verdingen.
Er ist tief beschämt.
Sein Zug, auf Bühnen zu gelangen, erhält einen Dämpfer.
6. April 1984
Hl. Geist mit Commodore
Der Kunsthansi feiert Konfirmation und empfängt neben dem obligatorischen Hl. Geist, der ihm nutzlos erscheint, auch eine Menge Geld, mit dem er sich einen Commodore C64 kauft, um fortan ein Computer-Fuzzi zu sein ohne Nerd-Factor.
1982
August 1982
Mädel in den Bergen
Mutter schiebt Kunsthansi samt Schwester nach Vals/Südtirol auf „Jugendfreizeit“ ab.
Er trifft Petra (?). Sie bringt ihm Zungenküsse & mehr bei.
Er ist fortan entflammt für alles Weibliche, das bereit ist, von ihm geküsst zu werden!
Parsifal d’amour.
1981
Juni 1981
Mare Mediterraneum
Nach für das West-Kind beinahe traumatischen Reisen mit den Eltern in Ostblock-Länder endlich die Begegnung mit dem Mittelmeer in Südfrankreich!
Diese Farben, dieses Licht, diese Düfte, dieses Sentiment!
»Ich werde nie aufhören, dich zu lieben, du mein Sehnen …«
1980
16. September 1980
Das Kolleg des Bösen
Das Kolleg des Bösen.
Das Böse verborgen unter Tonsuren.
Heilige Brüder teilen Prügel aus,
dass sich junge Seelen biegen …
August 1980
0 – 1 – 1 – 0 – 0 – 1 – 1 – 1
Der Kunsthansi entdeckt digitale Welten.
Er programmiert in einem Kaufhaus auf einem Commodore VC 20 seine erste „App“:
10 PRINT „Hallo Welt!“
20 GOTO 10
RUN
1979
Juli 1979
Brahms Goes Heimorgel
Kunsthansi gibt mit der Musikschule ein Konzert und dudelt unter anderem Brahms Ungarischen Tanz Nr. 5 auf der Heimorgel …
Sein Opa springt Tränen überströmt auf, deutet zitternd auf ihn und macht allen Anwesenden kund, dass Kunsthansi sein Enkel sei.
Erstes #Fremdschämen.
#KillMrMoonlight
1978
Juli 1978
1st L•O•V•E
Kunsthansi liebt die mit roten Haaren & Sommersprossen.
Wie seine Heldin Pipi, das tollste Mädchen der Welt!
Seine Liebe wird nicht erwidert, er bleibt Spielball.
Und immer diese Farbe …
1976
16. September 1976
Klassenkasper
Kunsthansi geht zur Schule in Wullenstetten, die 1c.
Was für eine herrliche Zeit?!
Vier Jahre Leichtigkeit.
Sketch-Aufführungen vor der Klasse, immer Freitags bei Frau Kämpfle.
#Alleinunterhalter
Juli 1976
Tragende Rolle
Beim Sommerfest des Kindergartens hat Kunsthansi den ersten Auftritt in einer tragenden Rolle …
Er gibt einen Schotten, sein Kilt ein Mini-Rock.
Februar 1976
Rothaut
Mutter steckt Kunsthansi in der Fasnachtsaison ’76 in ein Indianerkostüm …
Geburt eines nie ernst gemeinten Anti-Amerikanismus.
Schuld hat Mutter, in ganz jungen Jahren selbst Protestsängerin gegen US-Atomwaffen!
1975
Juli 1975
Bergwelten
Erster Urlaub in den Alpen.
Kunsthansis Liebe zu den Bergen ist geweckt …
Hinter jedem Gipfel, jedem Hügel das stete Versprechen von köstlichem Neuen …
Hinter jeder Kuppe eine Welt …
Februar 1975
Robin Hood
Kunsthansis Mutter schickt ihn im Kostüm des Rächers der Entrechteten auf die Fasnacht.
Geburtsstunde eines andauernd gegen Ungerechtigkeit Wetternden!
#donquijote2dot0 #abetterworld
#seidumschlungenmillionen
1974
November 1974
Leseratte
Keiner liest dem kleinen Quälgeist Märchen und Geschichten aus Büchern vor.
Kunsthansi bringt sich das Lesen selbst bei, indem er erst die Bedeutung aller irgendwo sichtbaren Buchstaben erfragt und sie dann im Kopf aneinanderreiht.
Unbegrenzte Welten.
Sinnstiftung.
Juli 1974
Bühne
Kunsthansi rennt als Zwerg im Kreis, er ist Statist.
Immerhin, eine erste Bühnenerfahrung.
Beim Sommerfest des Kindergarten Senden.
1973
12. September 1973
Ausdruck
Das älteste erhaltene Kunstwerk des jungen Lebens:
Es ist ein Apfel, mit Fingerfarben auf Papier gebannt.
Kunsthansi malt impressionistisch und viel zu gegenständlich.
Enttäuschend.
Juli 1973
Lebensernst
Kunsthansi geht in den Kindergarten.
Er ist konfrontiert mit anderen Menschen.
Es gibt Regeln.
Der Ernst des Lebens hat begonnen.
1970
Juli 1970
Sprachgewalt
Laut Aufzeichnungen seiner Mutter nach bereits 8 Monaten erstes entschiedenes Sprechen:
// mama – papa – jaja – adad – wauwau – tütü //
Beginn einer Karriere, die er nicht hat …
#projekt2030
1969
26. Oktober 1969
Empfang des Hl. Geistes
Getauft in der Evangelischen Kirche Senden, gleichsam als Ketzer …
Würden Katholiken sagen. Getauft durch Sektenführer Karrer.
Als Paten stehen Tante Gerda und Fritz, ein Freund der Familie, bereit.
3. Oktober 1969, 3 Uhr
Der Kunsthansi wird in Ulm geboren als Andreas Michael Heck.
Seine Eltern sind Alfred (Vernunft) und Sigrid (Bühne). Geboren um 3 Uhr, 51 cm klein, 3.150 Gramm leicht.